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15 Jahre Ordinationsgedächtnis -
10 Jahre Diasporapfarramt Schäßburg -

und:
ich hätte gerne einen Wunsch frei

 

Im Jahre 1988, am 18. Oktober, wurde ich zum Pfarrer der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien durch Bischof Albert Klein, im Beisein von Pfr. Matthias Pelger und Pfr. Siegfried Schullerus, "unter Hanauflegung und Gebet", in das Land-Pfarramt Hamruden ordiniert. Damals waren die Gemeinden Katzendorf, Meeburg und Draas Tochtergemeinden von Hamruden. Und damals war unsere Tochter Johanna zehn Tage alt. - Zusammen gab es hier um Hamruden etwa 575 Evangelische, die ich zunächst mit öffentlichen Verkehrsmitteln, später mit dem Dacia besuchte. Holzbeheizung. Brunnen im Garten. Die Amtsbrüder waren zum Teil noch da in der Nähe: Alfred Sinn / Schweischer, Helmut Reich / Galt, Hans Zink / Deutsch Kreuz, Horst Seiwerth /Stein. 1991 kam dann unsere Tochter Katharina Maja zu uns, und unseren Dienstort nannte sie "Halleluden".

In Hamruden überraschten uns die Dezember-Ereignisse 1989, und unsere Gemeindeglieder verabschiedeten sich über Nacht, bis auf etwa 50. Nach 1990 kamen die Gemeinden Reps, Schweischer, Bodendorf, Radeln, Deutsch Kreuz und Meschendorf  zu meinem Arbeitsfeld hinzu. Auf dem ganzen Gebiet lebten nicht mehr als knapp 300 Evangelische. Der Religionsunterricht in den acht Klassen der Repser Schule und die Begleitung der Altenheimnewohner in Schweischer rundeten die Tätigkeit ab. Eine unglaublich geballte Zeit. Noch heute überkommt mich Heimweh, wenn ich ans Repser Land denke. Meine Frau stand mir bei. Sie stritt gegen mich, aber sie ging nicht von meiner Seite.

1993, am 31. Oktober zogen wir, auf einen Ruf hin, nach Schäßburg um. In ein Landpfarramt mit Wohnsitz in der Stadt. Auf eine noch zu bildende Diaspora-Stelle. Kein Schreibtisch, kein Aktenschrank, kein Amtssiegel, kein Telefonanschluss. Aber reichlich vermientes Land. Durch den Vorgänger Grau, der vor mir warnte. Wir wollten - nein, wir konnten uns damals nicht festlegen auf eine längere Zeit als auf zwei Jahre. Nun sind es 10 geworden! So alt, wie das Dienstauto: T4. Wir sind übrig geblieben. Zwei Jahre lang fuhr ich noch ins Repser Land, jeden Monat 2 Sonntage, je 3-4 Gottesdienste. Einmal die Woche außerdem Schweischer und RU in Reps. Und die vier Klassen 1+2 in Schäßburg. Der RU wurde zu einer Konstante meiner Arbeit. Und meine Frau wurde zu einer Konstante des RU im Josef Haltrich Lyzeum.

Was habe ich in all den Jahren denn bewegt? Ich weiß es nicht. Mir stehen eher die Versäumnisse vor Augen. Was hat aber mich bewegt? Das Geschick meiner Familie. Das Geschick dieser zwölf Gemeinden. Heute sind das fünf Predigtstellen, zwei Hausgemeinden und fünf Betreuungspunkte. Marienburg. Nadesch und Zuckmantel mit Maniersch. Schaas und Trappold mit Denndorf und Wolkendorf. Weißkirch mit Arkeden. Keisd mit Klosdorf. Keisd ist eine unabhängige Gemeinde. Doch auch das Geschick der Bergschule in Schäßburg. Die deutsche Schulklasse in Nadesch. Das Geschick des Lukashospitales in Lasseln. Das Geschick der Jugend in Schäßburg. 1998 Bandscheiben-Vorfall und Operation.

Vier Kirchengebäude wurden in dieser Frist ordentlich saniert bzw. gesichert (Maniersch, Zuckmantel, Nadesch, Weißkirch). An dreien wurden größere Reaparaturen gemacht (Schaas, Marienburg, Klosdorf). Natürlich nicht durch mich, sondern durch die Heimatortsgemeinden und meist durch die Unterstützung des Baufachmannes im Konsistorium bzw. durch den Mihai Eminescu Trust. Für zwei weitere Kirchen stehen größere Pläne bereit (Keisd / UNESCO und Weltbank, und Trappold / Corona-Verein Berlin). Neun Pfarrhäuser und ein Lehrer-Haus in Marienburg sind in meinem Dienstbereich vermietet; die Miete von 9 Häusern fließt in die Konsistorialkasse. Sie finanziert dafür meine Dienstfahrten.

Meine Kirche gab mir Rückhalt und ich bin sehr unsicher, ob ich jemand in meinen Gemeinden genügend von diesem Rückhalt weitergegeben habe. - Die Bürgerinitiative Sighisoara Durabila gab mir neue Freunde, einen neuen Heimatbezug und neue Herausforderungen, mich für gesellschaftliche Fragen zu interessieren. Alldas hätte ich vor 15 aber auch vor 10 Jahren noch nicht geahnt. - Was wohl die nächsten 10 oder 15 Jahre bringen werden - ich weiß es nicht; ich darf, so wie ich mit Dank zurückschaue, neugierig und getrost nach vorne schauen, darf diese Frist beschließen, so wie den heutigen Tag:
 

... dem kommenden morgen getrost entgegen schlafen...

leg in mein unruhiges herz mut, dankbarkeit und fried
nach dieser spanne glück und schmerz und was der tag beschied

stell um das haus dein engel auf und mitten in den raum
dass sich mein denken nicht verlauf in uferlosem traum

weit sei dein flügel über mir, wann licht wird finsternis
wann ich das augenlicht verlier und jäh die zeit beschließ

weit, über meinen lieben auch, nimm sie in deinen schutz
hauche ich aus: dein lebenshauch bleib ihres lebens trutz

du bist die quelle meines lichts, drauf ich genesend schau
denn außer dir sehe ich nichts worauf mein sinn vertrau

erkenne alles schemenhaft ringsum, doch seh ich klar
wie dein wort auf der wanderschaft zeitlebens leitstern war

du zählst die stunden meiner nacht und wachst gleichwie am tag
getröste mich eng'lischer wacht, drin ich zu schlafen wag

J.H., November 2003                                                                                               
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